Wandern mit Baby / Kleinkind: Die wichtigsten Tipps und eine Beispiel-Tour in Bildern

Die Sommerferien sind in vollem Gange und damit auch die Wandersaison. Dass der Sommer 2016 bisher wettermäßig eher durchwachsen daher kommt, macht gar nichts, denn zum Wandern sind etwas gemäßigtere Temperaturen und ein paar Wölkchen ohnehin angenehmer, als wenn die Sonne richtig vom Himmel brennt. Auch wir haben in unserem Südtirol-Urlaub ein paar schöne kleine Touren gemacht und deshalb kommen hier meine besten Tipps zum Wandern mit Baby bzw. mit einem Kleinkind, das noch nicht selber läuft.

Schieben oder Tragen?

Gleich zu Beginn natürlich die Gretchenfrage: Wie bekomme ich den Zwerg denn rauf auf den Berg? Also, auch wenn natürlich alles seine Vor- und Nachteile hat, mache ich hier mal aus meiner persönlichen Sicht eine ganz klare Ansage: Wandern mit Kinderwagen ist für mich kein Wandern. Klar, es gibt nette Wanderbücher für solche Unterfangen und es gibt auch mittlerweile sehr gute geländegängige Kinderwagen, aber trotzdem hätte ich keine Lust, so ein Gerät irgendwo hoch zu schieben. Immer nur im Tal auf ebenen, asphaltierten Wegen rumlaufen ist auch nicht vergleichbar mit einem Wanderweg in luftiger Höhe und vielleicht sogar einem feinen Gipfelchen.

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Eben, aber holperig: Wanderpfad auf der Seiser Alm in Südtirol.

Vor allem, dass man mit einem getragenen Kind so unabhängig von der Wegbeschaffenheit ist, finde ich super. Denn viele Wanderungen sind ja gerade auch durch Abwechslung reizvoll: Mal über eine Almwiese, mal durch ein waldiges Stück mit Steinen und Wurzeln, mal ein bisschen Forststraße, mal ein felsigeres Stück, mal mehr Steigung, mal weniger…

Also: Ab auf den Rücken mit dem Kind! Das Tragen vor dem Bauch ist fürs Wandern eher ungeeignet, denn der oder die Tragende sollte jederzeit seine / ihre Füße sehen können, sonst leidet die Trittsicherheit und die Gefahr eines Sturzes steigt. Außerdem ist natürlich auch gerade bei einem Kleinkind oder größeren Baby die Gewichtsbelastung auf dem Rücken viel ergonomischer, als vor dem Bauch – insbesondere, wenn bergauf gewandert wird.

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Wanderwege führen manchmal nah an Felskanten entlang. Hier ist ein Kinderwagen für mich fehl am Platze, egal wie geländegängig er sein mag.

Womit Tragen?

Tragehilfen und -tücher gibt es bekanntlich wie Sand am Meer. Sicherlich ist für jeden was passendes dabei, wenn man sich professionell beraten lässt. Eine geschulte Trageberaterin kommt nach Hause, geht auf die eigenen Wünsche und Besonderheiten ein, und bringt verschiedenste Tragematerialien zum Ausprobieren mit. Die meisten leihen einem auch gerne für ein paar Tage etwas aus, wenn man sich zum Beispiel nicht zwischen zwei Tragehilfen entscheiden kann. (An dieser Stelle mache ich ganz unverfroren kurz Schleichwerbung für eine wunderbare Trageberaterin im Raum Stuttgart, meine liebste Tanni von verbunden.org! Seit sie mich beraten hat, habe auch ich die perfekte Trage für den Sohnemann und mich gefunden. ❤ )

Auch wenn dieser Text eine Trageberatung keinesfalls ersetzen kann, hier trotzdem noch schnell ein paar Hinweise zu geeigneten Tragehilfen: Für das Tragen auf dem Rücken, gerade beim Wandern und gerade bei etwas größeren Babies oder Kleinkindern, kommt häufig die sogenannte Kraxe ins Gespräch. Die Kraxe ist eine Art hoher Wanderrucksack mit einem festen Gestell, in welchem das Kind sitzt (deshalb kommt eine Kraxe erst ab Sitzalter in Frage). Zusätzlich bietet sie Raum zur Verstauung von Proviant, Wechselklamotten usw. Das Ganze klingt also erstmal sehr praktisch.

Trageberater raten aber häufig eher davon ab, einen solchen Tragerucksack zu verwenden, und das aus guten Gründen: Sowohl der ungünstige Schwerpunkt, als auch das hohe Eigengewicht und die schwierigere Temperaturregulation des Babies durch die Entfernung zum Tragenden werden immer wieder als Nachteile genannt. Hier, hier und hier könnt ihr mehr dazu nachlesen.

Deshalb haben wir uns die Anschaffung einer Kraxe gespart und sind sehr zufrieden mit unserer wunderbar bequemen Mei Tai von Madame Jordan gewesen, die wir auch im Stadt-Alltag benutzen. Sie hat fast kein Eigengewicht, der Sohnemann sitzt darin schön hoch und sie ist einfach und schnell zu binden. Was wir so an Zubehör dabei haben wollten, trug der Mann im Wanderrucksack, während ich den Zwerg auf dem Rücken hatte. Das funktionierte wunderbar.

Tourenplanung

Bei der Planung gibt es eine einfache Faustregel: Je jünger das Baby, desto länger kann man wandern. Ein wenige Monate altes Kind schläft tagsüber in der Regel noch viele Stunden und hat noch keinen großen Bewegungsdrang. Legt man ausreichend Still- und Wickelpausen ein und vermeidet extremes Klima, kann das Kind insgesamt über Stunden zufrieden schlafen, eng an Mama oder Papa angekuschelt, während diese eine größere Wanderung unternehmen.

Mit einem Kleinkind wie unserem Sohn sieht das schon anders aus: Nach einer gewissen Zeit übermannt ihn die Neugierde, er will raus aus der Trage und krabbelnd die Welt erkunden. Deswegen planten wir wirklich einfache und kurze Touren. Wir hielten uns in der Regel an Wandervorschläge mit einer Gehzeit von ca. 3 Stunden. Für solche Wanderungen brauchten wir dann mit mindestens einer sehr ausgiebigen Pause oft eher 5 Stunden, denn natürlich läuft es sich mit einem 11 Kilo-Kind auf dem Rücken auch nicht ganz so flott. Man sollte also an eine solche Wanderung mit realistischen Erwartungen herangehen und sich nach dem jüngsten Familienmitglied richten, sonst ist der Frust schnell groß. Es ist sicher ein anderes Wandern, als ohne Kind. Aber auch sehr schön – wir hatten viel Spaß und haben es sehr genossen, unserem Söhnchen die Berge zeigen zu können!

Für die Planung empfiehlt sich ein richtiger Wanderführer mit Kartenmaterial. So kann man sich vorher ein genaues Bild von Höhenunterschieden, Einkehrmöglichkeiten und anderen Besonderheiten der Strecke machen. Auf Apps wie Google Maps ist in den Bergen häufig kein Verlass, mangels Netz und weil Wanderwege auch nicht wirklich eingezeichnet sind! Ich persönlich mag am liebsten die Kompass-Wanderbücher und so sind wir in unserem Urlaub in Südtirol mit diesem hier sehr zufrieden gewesen: Wanderführer Dolomiten 2.

Was gehört in den Wander-Rucksack?

Mein Mann findet ja, dass ich grundsätzlich zu viel Zeug mit mir rumschleppe und zum Spielplatz aufbreche, wie andere Leute zu einer Polarexpedition. Trotzdem sollte man beim Wandern ein paar Dinge dabei haben:

  • Sonnencreme für Kind und Erwachsene
  • Insektenschutzmittel
  • Ein kleines Erste-Hilfe-Set mit Pinzette, Desinfektionsspray, Pflastern (hat uns tatsächlich schon gute Dienste geleistet, als der Mann bei einer Pause barfuß in eine Biene trat)
  • Blasenpflaster für die Erwachsenen
  • UV-Schutz-Sonnenhüte für Kind und Erwachsene (die Strahlung auf dem Berg ist viel intensiver und ich habe mir schon häufiger mal Sonnenbrand und -stich zugezogen. Mit Hut inkl. Nackenschutz braucht man das nicht zu befürchten)
  • Mützen mit Ohrenschutz für frischere Temperaturen, mindestens für das Kind
  • Wechsel-Shirts für die Erwachsenen (wer bei einer Pause verschwitzt im Schatten sitzt, erkältet sich schnell). Es empfiehlt sich atmungsaktive und schnell trocknende Funktionskleidung.
  • Für jeden eine dünne Fleecejacke oder ähnliches
  • Proviant für die Erwachsenen: Wasser und 2 Müsliriegel, Äpfel oder Bananen
  • Proviant für’s Kind (falls nicht mehr voll gestillt): Wasser, ein bisschen Obst / Brot / Reiswaffeln je nach Vorlieben. Unser Sohn hat allerdings bei unserer Einkehr auf diversen Hütten immer begeistert von unseren Knödeln mitgemampft. Der Proviant ist also eher für zwischendurch gedacht und sollte entsprechend aufgestockt werden, wenn man keine mittägliche Einkehr plant.
  • Wickelzeug
  • Wechselklamotten fürs Kind: außer der üblichen Wechselgarnitur auch noch ein Longsleeve und einen warmen dicken Pulli für Pausen, denn die Kleidung des Kindes ist wahrscheinlich feucht vom Schweiß des Tragenden und sollte gewechselt werden, sobald das Kind aus der Trage raus ist. Wenn es sich frei draußen bewegt, fehlt natürlich die Wärme des Tragenden, also eine Schicht mehr anziehen! Wir haben uns bei Pausen immer zu Beginn alle schnell umgezogen und unsere verschwitzten Sachen dann auf der Hütte irgendwo an einen Zaun in der Sonne gehängt. Nach einer Stunde Pause waren sie wieder trocken.
  • Griffbereit: Taschentücher, Wanderkarte oder -führer
  • Wenn noch Platz ist vielleicht noch ein kleines Buch oder Spielzeug (z.B. Ball) für Pausen – wobei es eigentlich in der Natur immer genug zu entdecken gibt… 🙂
  • ggf. eine Picknick-Decke

Ich gebe zu, dass klingt nach fürchterlich viel – isses aber gar nicht. Wir sind mit einem ganz normalen Tagesrucksack gut ausgekommen.

Zu guter Letzt: Unsere Beispiel-Tour auf der Seiser Alm in Bildern

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